Russland Diaries
Russland!
Wirklich?
Hast du dir das gut überlegt?
Wenigstens wirst du dich mit deiner grimmigen Art dort wie zuhause fühlen.
Das in etwa war die Reaktion 90% der Personen, die ich in meine Russland Pläne einweihte.
Natürlich trieb mich nicht der Wunsch nach ein paar Wochen Pause für meine Lachmuskeln, sondern die Neugier auf Moskau, der brutalisitschen sowjetischen Architektur und zahlreichen Fragen:
Sind die Skulpturen Stalins und Lenins wirklich so groß und die Kuppeln der Kirchen so golden?
Ist das Borschtsch wirklich so gut?
Stimmt das Vorurteil der mürrischen Russen?
Auf meiner Reise, die mich zunächst nach St. Petersburg und dann entlang des goldenen Rings nach Moskau führte, wurden viele dieser Fragen beantwortet. Die Monumente sind monumental, Borschtsch köstlich und Kirchenkuppeln so golden, dass sie im Abendlicht glitzern. Moskauer und St. Petersburger sind nicht unfreundlicher aber auch nicht freundlicher als Pariser oder Berliner. Man wird als Reaktion auf ein versehentliches Lächeln in der U Bahn auch nicht verprügelt. Einmal wurde mir sogar zurückgelächelt, als mir aus Versehen ein Grinsen über das Gesicht huschte. Selten habe ich soviel ehrlich gemeinte Gastfreundschaft erlebt und noch nie sind mir so viele rostige Riesenräder in Parks begegnet. Ebenfalls sind mir nie zuvor so viele männliche Zivilisten in fragwürdigen militärisch angehauchter Tarnkleidung über den Weg gelaufen, wie in Russland. Bei der weiblichen Bevölkerung hingegen scheinen T-Shirts mit Putin Portraits sehr im Trend zu liegen. Entdeckt man in Amsterdam an jeder Ecke mindestens eine junge Frau mit Levi’s T-Shirt, spürt man in Moskau Frauen jeglicher Altersklasse mit Putin T-Shirts auf.
Meine Lieblingsorte abseits des Roten Platzes und des Lenin Mausoleums habe ich hier zusammengefasst.
St. Petersburg
Eremitage Museum
Wenn ich an St. Petersburg denke, springen mit als erstes Bilder von den endlosen Gängen und mit Kunstwerken überquellenden Wänden der Eremitage in den Kopf. Das Eremitage Museum ist für mich der Inbegriff St. Petersburgs. Das Museum ist mit seiner Größe und Sammlungsumfang definitiv einen Besuch wert.
Das Eremitage beherbergt einer der bedeutendsten Sammlungen klassischer Europäischer Kunst. Von archäologischen Fundstücken, bis hin zur Kunst der Renaissance und zeitgenössischer Kunst, entdeckt man Kunstwerke verschiedenster Herkunft und Epochen. Unglücklicherweise überquellen die Räume des Eremitages nicht nur mit Kunstwerken, sondern auch mit Besuchern (vielleicht war ich auch nur zur falschen Zeit am falschen Ort). Zwischen den Besuchern gequetscht, muss man sich den Anblick der Meisterwerke, wie leider so oft in den bei Touristen so beliebten Museen, erkämpfen und dabei aufpassen, dass man nicht mit den Selifesticks der Museumsbesucher, die nur auf ein Foto aus zu sein scheinen, erschlagen zu werden. Neben Geduld und Durchsetzungskraft, sollte man Zeit einplanen, viel Zeit. Der Anblick der Kunstwerke in den beeindruckenden Räumen des Eremitages ist Belohnung genug.
Russisches Museum
Neben der Eremitage bietet St. Petersburg eine große Auswahl und weiteren faszinierenden Kunstsammlungen. Das Russische Museum ist eine gute Alternative für alle, die keine Lust auf die überfüllten Räume des Eremitage haben. Das Russische Museum fokussiert sich exklusiv auf russische Kunst. Die Sammlungspräsentation bietet einen umfassenden Überblick über die russische Kunstgeschichte. Von Ikonen aus dem 12. Jahrhundert über Marc Chagall, Kasimir Malewitsch und Marie Bashkirtseff bis zur zeitgenössischen Kunst, gibt es im Russischen Museum vieles zu entdecken.
Staatliches Museum für politische Geschichte
Das Staatliche Museum für politische Geschichte bietet einen interaktiven Einblick in die Geschichte Russlands. In den Räumen des Museums werden Exponate zur Veranschaulichung historischer Ereignisse, von der Revolution bis hin zum Untergang der Sowjetunion und dessen Folgen, präsentiert.
Peterhof
Wer die Obsession Russlands mit Gold und Prunk hinterfragt, sollte unbedingt den Peterhof besuchen. Der Palast ist Inbegriff des Prunks und goldenen Kitschs, mit dem Russland so oft verbunden wird. Neben den Palast beeindruckt vor allen der auf mehreren Ebenen verlaufende Park, mit seinen Wasserspielen und Gartenanlagen, die vom Schloss bis zur Ostseeküste reichen. Insbesondere die Lage an der Ostsee ist faszinierend. Wenige Meter von den durch Hecken geschützten Gartenanlagen voller Blumen in den verschiedensten Farben und Düften, türmt sich das Meer wie ein grauer Berg auf.
Stolle
Während meiner Zeit in Russland verging kaum ein Tag, an dem ich den Zugang zu Pirogi (пиро́г) nicht ausnutzte. Mein Pirogi Hauptanlaufspunkt in St. Petersburg war Stolle, ein an Österreichische Kaffeehäuser erinnerndes Restaurant mit den besten Piroggen, die ich bis dato gegessen habe.
Teremok
Teremok ist eine Fastfood Kette, die in verschiedenen Russischen Städten, wie St. Petersburg oder auch Moskau etc. vertreten ist. Man sollte unbedingt die Blini (Блины), eine Art Eierkuchen, die aufgerollt mit verschiedenen herzhaften oder süßen Füllungen serviert wird, probieren. Kombiniert mit Borschtsch (борщ) und dem Malzbier ähnelnden Kwas (Квас) (Vorsicht, der Geschmack ist etwas gewöhnungsbedürftig), bilden die Blini ein günstige Stärkung für zwischendurch.
Pelmenya
Pelmenya bietet eine große Auswahl an verschiedensten Teigtaschen, sogenannter Pelmeni (пельмени). Die Gerichte sind ideal zum teilen. Es empfiehlt sich, dieses auch zu tun, damit man in den Genuss möglichst vieler Gerichte, die Pelmenya anbietet, kommt.
BabJib-M
Das koreanische Restaurant BabJib-M befindet sich in einer Seitenstrasse vom Newski Prospekt und ist definitiv einen Abstecher für eine Portion Bibimbap wert.
Ciderbar Sidreria
Die Cidebrar Sidreria ist der ideale Anlaufpunkt für alle auf der Suche nach live Klaviermusik im Kerzenschein, Cider soweit das Auge reicht und Sofas, so gemütlich wie die aus Omas guter Stube.
Moskau
Gorki Park und Garage Museum
Der Gorki Park war mir vor meiner Reise lediglich als Titel eines Thrillers aus den 1980ern ein Begriff. Mit der trostlosen Darstellung im gleichnamigen Film hat der Gorki Park jedoch zumindest heutzutage nichts zu tun. Anstatt von Mordopfern, versammeln sich an sonnigen Tagen Moskauer verschiedenster Schichten und Altersklassen im 109 Hektar großen Park. Beim Blick durch den Park entdeckt man auf den an jeder Ecke zu findenden Sitzkissen, verschiedenste Menschengruppen. Von lernenden Studenten zu erschöpften Eltern, die beim Versuch sich auszuruhen, kläglich scheitern und neidisch zu einer ein paar meter entfernten Yoga Gruppe blicken, während die Kinder lärmend um sie herumtollen, ist alles dabei. Jogger ziehen immer wieder an einem vorbei, während man beim Spaziergang durch den Park Karussells im Retro Stil, junge Pärchen in Tretbooten und Freundinnen, die bei einer Tasse Kaffee in Gespräche vertieft sind, entdeckt. Dann und wann hört man zwischen dem Gelächter und Gitarrenklängen das Geschrei eines weinenden Kindes.
Inmitten des Gorki Parks befindet sich das von Dasha Zhukova und Roman Abramovich gegründete Garage Museum. Das Museumsgebäude bildet die Heimat der größten Sammlung zeitgenössischer Kunst in Russland.
Gulag Museum
Der Schwerpunkt der Ausstellung des Gulag Museums liegt auf der exemplarischen Darstellung einzelner Schicksale derer, die Opfer der sowjetischen Zwangsarbeitslager wurden. Die Ausstellung klärt mithilfe interaktiver Elemente, wie persönlicher Gegenstände und Videoinstallationen mit Interviews überlebender Insassen der Gulags, über die stalinistischen Säuberungen auf.
Puschkin Museum
Das Puschkin Museum beherbergt eine der größten Kollektionen Europäischer Kunst innerhalb Russlands. Die Sammlung besteht aus Werken von Rembrandt und archäologischen Artefakten bis hin zu Gemälden von Picasso und Gauguin. Die kuratorische Herangehensweise, zeitgenössische Werke, wie z.B. antik anmutende Skulpturen mit Selfie Stick, im Kontext von historischen Kunstwerken zu präsentieren, ermöglicht einen ungewöhnlichen Blick auf die Sammlung des Puschkin Museums.
Bolshoi Theater
Ich habe zwei Tipps für Besucher des Bolshoi Theaters. Wer Geld sparen will, sollte sich mit hilfe von Google Translate durch die Russische Version der Website des Bolshoi Theaters kämpfen. Darüberhinaus ist der Dresscode kein Witz. Russische Frauen scheinen ihre Abendgarderobe sehr ernst zu nehmen.
Aptekarskiy Ogorod Botanical Garden
Der sich inmitten Moskaus befindende Botanische Garten Aptekarskiy Ogorod gewährt eine Auszeit von den grimmigen Betonlandschaften und der Hektik Moskaus.
Beer Happens
Im Beer Happens gibt es leckeres Bier + leckeres Essen. Was braucht man mehr für einen gelungenen Abend?
Danilovsky Markt
Im Danilovsky Markt reiht sich Delikatessen Stand an Delikatessen Stand. Während sich das Obst auf einen Tisch stapelt, befinden sich am darauffolgenden Stand sorgfältig aufgebaute Käsetürme. Während man seinen Blick durch die riesige Halle schweifen lässt, erblickt man darüber hinaus auf Eis gebettete Fischberge und zu Pyramiden gestapelte Einmachtöpfe voller selbstgemachter Marmelade, nur wenige Meter entfernt von der Decke hängenden riesigen Fleischstücken. Der Danilovsky Markt eignet sich jedoch nicht nur für den Wocheneinkauf, sondern auch für die Food Hall. Vom Vietnamesen bis zum Waffelstand ist für alle Geschmäcker etwas dabei. Es lohnt sich insbesondere die lange Warteschlange vor dem Vietnamesischen Cafe Bo für dessen Pho Suppe in Kauf zu nehmen.
Susdal (Су́здаль) - Goldener Ring
Der Goldene Ring ist eine Route mit verschiedenen altrussischen Städten, die einen außergewöhnlichen Einblick in die Geschichte Russlands ermöglichen. Zum Goldenen Ring gehört die etwa 220 km von Moskau entfernte Stadt Susdal. Sie ist eine der ältesten Städte Russlands mit einer Vielzahl an historischen Kirchen- und Klosterbauten. In der Stadt und dessen Umland, kann man zahlreiche, wundervoll dekorierte, aber auch restaurierungsbedürftige Kirchen und Klöster entdecken. Immer den Kirchenkuppeln folgend, habe ich meinen zweitägigen Aufenthalt mit ausgiebigen Spaziergängen verbracht. Aufgrund des guten Essens und den niedlichen Holzhütten, empfiehlt sich ein Aufenthalt im Pushkarskaya Sloboda Hotel. Seit meinen Besuch fantasiere ich davon, Weihnachten, umgeben von Schnee, in einen der Holzhütten des Hotels zu verbringen.